29.05.2022
Beide haben sich seit langem dem Kampf gegen die Umweltzerstörung verschrieben: Bestsellerautor Andri Snær Magnason und Naturfotograf Ragnar Axelsson alias RAX. An diesem Montag sind die beiden Isländer zu Gast in Bremerhaven. Ein Doppelporträt.
© Botschaft von Island (1), DIG (2 + 3)
Ihre Lebenswege könnten unterschiedlicher nicht sein. Bestsellerautor Andri Snær Magnason und Fotoreporter Ragnar Axelsson alias RAX – der Literat und der Fotograf. Doch ein Thema begleitet beide seit vielen Jahren: der Klimawandel und seine Folgen.
Am Montag sitzen die beiden Isländer im Fischbahnhof Bremerhaven gemeinsam auf dem Podium. Anlässlich der Ausstellung hafið – Reflections of the Sea sind sie auf Einladung der Botschaft von Island und des Alfred-Wegener-Institutes für Polar- und Meeresforschung (AWI) in der Seestadt, um über die Meere und ihren Schutz zu sprechen.
Zwei Große auf ihrem Gebiet, die sich kennen und schätzen – und doch ganz unterschiedliche Erfahrungen mitbringen.
Der Aktivist
Andri Snær Magnason ist Islands bekanntester Sachbuchautor. Und nicht nur das. Er ist auch Dokumentarfilmer, schreibt Kinderbücher und Gedichte, Theaterstücke und Essays. Ein Allrounder, der für seine Botschaften viele Kanäle nutzt.
Das Thema Umweltzerstörung hat der heute 48-Jährige schon früh aufgegriffen. In seinem Erfolgstitel Traumland kritisierte er 2006 die Aluminiumindustrie, die für günstigen Strom unberührte Natur verbaute. 2008 organisierte er mit Sängerin Björk das Protestkonzert Náttura. Der Brief an die Zukunft auf der Gedenktafel für den geschmolzenen Gletscher Okjökull ist von ihm. 2016 kandidierte er bei den Präsidentschaftswahlen in Island.
Andri Snær Magnason hat Politik und Literatur stets miteinander verbunden. Wörter, könnte man sagen, sind sein Geschäft. Einer, der jede Menge zu sagen hat, sich gerne einmischt, eloquent ist und zuweilen unbequem.
Der Chronist
RAX ist kein Mann der großen Worte. Wenn er – wie anlässlich seiner jüngsten Ausstellung Where the World is Melting im Münchner Kunstfoyer – über seine Arbeit berichtet, wirkt er zurückhaltend, beinahe schüchtern. Einer, der lieber im Hintergrund bleibt.
Ragnar Axelsson würde sich selbst vermutlich niemals als Aktivist bezeichnen. Schon eher als Chronist. Seit mehr als vier Jahrzehnten bereist er die entlegenen Regionen Grönlands, Islands und Sibiriens und porträtiert die Menschen, die am eisigen Rand der Zivilisation leben. Er dokumentiert, was er auf seinen Reisen sieht, und lässt die Bilder für sich sprechen. Schwarz-Weiß-Fotografien von großer Tiefe und ungeheurer Wucht.
Unter Fachleuten gilt Ragnar Axelsson als einer der herausragendsten Natur- und Reportage-Fotografen der Welt, er hat zahlreiche Preise erhalten und in Paris, London und New York ausgestellt. Ein Autodidakt, der als 16-Jähriger bei der Tageszeitung Morgunblaðið anheuerte, wo er nach der Ausbildung 1976 eine Festanstellung erhielt - und bis zur Rente 2020 blieb. Ein Handwerker ebenso sehr wie ein Künstler.
Seine Bilderstrecken sind oft als Langzeitprojekte angelegt. Und so zeugen die Aufnahmen des 63-Jährigen auch davon, wie der arktische Lebensraum langsam schwindet.
Ein Thema
Jetzt sitzen sie in Bremerhaven zusammen auf dem Podium, der Chronist und der Aktivist.
Natürlich kennen sie sich. Im kleinen Island kreuzen sich die Wege zwangsläufig.
„Der Fotograf Ragnar Axelsson rief mich an, als die Stromschnellen Rauðaflúð verschwanden und sagte mir, die Schlucht Stuðlagàtt werde Ende der Woche versinken. Ich bekam einen Kloß im Hals. Ich fühlte mich, als hätte er mir vom Tod eines Freundes erzählt“, schrieb Andri Snær Magnason 2019 in seinem Bestseller Wasser und Zeit - eine Geschichte unserer Zukunft.
So unterschiedlich ihre Erfahrungen und Herangehensweisen auch sein mögen – sie haben eine gemeinsame Botschaft: Die Zeit drängt.
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