15.02.2021

Nur Norwegen ist demokratischer

Im Demokratieindex 2020 kommt Island, wie schon 2018 und 2019, hinter Norwegen auf den zweiten Platz. Bei dem jüngsten Report standen die Auswirkungen der Corona-Krise auf Freiheit und Demokratie in der Welt im Mittelpunkt. Nicht überall sieht es so gut aus.

 

Schriftzug "Democracy" als Graffiti. Bild von Marija Zaric auf Unsplash.
Eines der demokratischsten Länder der Welt: Island. © Marija Zaric auf Unsplash.

 

Die Zeitschrift The Economist hat ihren Demokratieindex (Democracy Index) für 2020 veröffentlicht. Er misst den Grad der Demokratie in 167 Ländern. Island erreicht hinter Norwegen – wie schon 2018 und 2019 – erneut den zweiten Platz.

 

Bei dem jüngsten Report standen die Auswirkungen der Corona-Krise auf Freiheit und Demokratie in der Welt im Fokus.

 

Nach der jetzt veröffentlichten Erhebung war in allen Regionen ein demokratischer Rückschritt zu beobachten – vor allem durch die staatlich verordneten Lockdowns und weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Das gilt auch für Musterschüler Island.

 

Gegenüber 2019 ist der Inselstaat um 0,21 Punkte abgerutscht und erhält insgesamt 9,37 von 10 Punkten. Norwegen, das den Spitzenplatz als demokratischstes Land der Welt einnimmt, erreicht 9,81 Punkte.

 

Zu den Top five gehören zudem Schweden, Neuseeland und Kanada. Dagegen liegen Nordkorea, die Demokratische Republik Kongo, die Zentralafrikanische Republik, Syrien und der Tschad abgeschlagen auf den hinteren Plätzen.

 

Ranking berücksichtigt 5 Faktoren

 

Für das Ranking haben die Forscher:innen der Economist Intelligence Unit jedes Land anhand von fünf Faktoren bewertet:

  • Wahlprozess und Pluralismus
  • bürgerliche Freiheiten
  • das Funktionieren der Regierung
  • politische Partizipation sowie
  • politische Kultur.

Entsprechend der hier erreichten Punktzahl werden die Staaten einem von vier Regierungstypen zugeordnet:

  • vollständige Demokratie
  • unvollständige Demokratie
  • hybrides Regime oder
  • autoritäres Regime.

Grundlage für die Bewertung ist eine Befragung von Fachleuten; einige Antworten basieren auch auf Erhebungen in der Bevölkerung.

 

Island erreicht im Demokratieindex gleich in zwei Kategorien den Höchstwert von 10 Punkten: „Wahlprozess und Pluralismus“ sowie „Politische Kultur“ und liegt hier – ebenso wie bei den „Bürgerrechten“ – gleichauf mit Sieger Norwegen.

 

Allerdings kommt der Inselstaat bei der „politischen Teilhabe“ nur auf 8,89 Punkte (Norwegen: 10); bei der „Funktionsweise der Regierung“ sind es lediglich 8,57 Punkte (Norwegen: 9,64).

 

Island liegt weit vor Deutschland

 

Damit liegt Island gleichwohl weit vor Deutschland, das in dem Report mit insgesamt 8,67 Punkten nur auf Platz 14 landet und in keiner Kategorie den Spitzenwert von 10 Punkten erreicht.

  • Insgesamt wurden 75 Länder als Demokratien eingestuft,
  • davon 23 als vollständige
  • und 52 als unvollständige.
  • 35 Länder gelten als hybride und 57 als autoritäre Regime.

Zu den vollständigen Demokratien zählen neben den skandinavischen Staaten auch die Schweiz, Großbritannien und die Niederlande. Frankreich hat den Einzug in diese Gruppe mit 7,99 Punkten knapp verpasst (Platz 24).

 

Ebenso wie Island schnitt im Übrigen die Mehrzahl der untersuchten 167 Länder – 70% – schlechter ab als 2019. Nur 38 Staaten konnten sich im Jahr 2020 verbessern.

 

Der globale Durchschnittswert fiel dadurch auf den niedrigsten Wert seit dem Beginn der Erhebung im Jahr 2006.

 

Kritik an der Erhebung aus Island

 

Doch es gibt auch negative Stimmen an der Erhebung. So kritisiert der Wirtschaftswissenschaftler Thorvaldur Gylfason das gute Abschneiden Islands: „Dieser Wert ist zu hoch, aus mindestens zwei Gründen.“

 

So habe Island in der Kategorie „Wahlprozess und Pluralismus“ einen Höchstwert erhalten, obwohl Wählerstimmen in ländlichen Regionen mehr zählten als in Städten, was zu einem Ungleichgewicht im Parlament führe. Selbst internationale Wahlbeobachter wie die OSZE hätten dies wiederholt kritisiert.

 

Auch erhalte Island in der Kategorie „Politische Kultur“ einen Spitzenwert; dabei habe das Parlament bereits 2010 einstimmig festgehalten, dass „Kritik an der politischen Kultur Islands ernst zu nehmen“ sei. Daran habe sich seither nichts geändert, so Gylfason.

 

Auch verschiedene Organisationen hatten in der Vergangenheit eine kritische Haltung. So senkte die Nichtregierungsorganisation Freedom House Islands Demokratie-Note von 100 im Jahr 2014 auf 94 im Jahr 2020 und begründete dies mit dem Einfluss von Wirtschaftsinteressen auf die Politik, Korruption sowie mangelnde Transparenz und Unabhängigkeit der Medien.

 

Auch Transparency International hatte Island im Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index) von 97 Punkten im Jahr 2005 auf 75 in 2020 herabgestuft. 


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