13.01.2025
2024 war ein politisch denkwürdiges Jahr – das gilt auch für Island. Es begann mit einem Paukenschlag – und so endete es auch. Erstmals stehen nun zwei Frauen an der Spitze – ein Novum selbst in Island, das in Sachen Gleichberechtigung die Nase vorn hat.
Das Jahr 2024 endete in Island, wie es begonnen hatte: mit einem politischen Paukenschlag. In seiner Neujahrsansprache hatte der bisherige Amtsinhaber Guðni Th. Jóhannesson im Januar angekündigt, bei der nächsten Präsidentenwahl im Sommer 2024 nicht mehr zu kandidieren. Und Ende November wurde die bisherige Koalitionsregierung aus Unabhängigkeitspartei, Fortschrittspartei und Links-Grüner Bewegung abgewählt.
Doch während die Sozialdemokratin Kristrún Frostadóttir unverhofft ins Amt der Premierministerin kam, nachdem das bisherige Dreierbündnis Mitte Oktober gescheitert war, hat die neue Präsidentin Halla Tómasdóttir ihren Wechsel an die Spitze des Landes von langer Hand geplant.
Bereits 2016 trat die Ökonomin, die jahrelang in den USA tätig war, an. Doch gegen den parteilosen Historiker, fünffachen Vater und eingefleischten Fußball- und Heavy Metal-Fan Guðni Th. Jóhannesson hatte die Managerin damals keine Chance.
Dieses Mal konnte die Mutter zweier Kinder triumphieren und ließ auch ihre ärgste Konkurrentin, Islands frühere Regierungschefin Katrín Jakobsdóttir, überraschend deutlich hinter sich. Die vormalige Premierministerin war Anfang April eigens von ihrem Posten zurückgetreten, um sich als Präsidentschaftskandidatin zu präsentieren – doch am Ende reichte es nicht zum Sieg.
Indes löste der Rückzug Jakobsdóttirs, die zugleich Parteichefin der Links-Grüne-Bewegung war, Unruhe in der Regierungskoalition aus, die sich 2021 mehr aus der Not heraus gebildet hatte, weil sich die Parteien hinter keinem anderen Kandidaten versammeln konnten.
Aufreibende Suche nach Kompromissen
Jakobsdóttir war damals die Politikerin, der die Menschen in Island am meisten vertrauten. Doch angesichts der aufreibenden Suche nach immer neuen Kompromissen zwischen den ungleichen Regierungspartnern war der Nimbus der linken Frontfrau in den folgenden Jahren bald aufgezehrt.
Nach dem Ausscheiden Jakobdóttirs aus dem Amt versank das Bündnis aus Unabhängigkeitspartei, Fortschrittspartei und der Links-Grünen Bewegung im Streit. Immer wieder gerieten die Koalitionäre insbesondere bei den Themen Zuwanderung und Umweltpolitik aneinander. Am Ende war es der kleinste Partner, die Links-Grüne Bewegung, der die Reißleine zog – wohl auch, weil die Umfragewerte für die Partei in den Keller rutschten.
Nun also stehen in Island erstmals zwei Frauen an der politischen Spitze, die zudem beide neu auf ihrem Posten sind. Halla Tómasdóttir sah sich gleich zu Beginn ihrer Präsidentschaft mit der Aufgabe konfrontiert, Neuwahlen zum Parlament auszurufen und ein politisches Vakuum zu verhindern.
Denn auch Island kämpft weiter mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die Inflationsrate stieg zwischenzeitlich in schwindelerregende Höhen, und die Lage hat sich 2024 nur langsam entspannt.
Für das neue Mitte-Rechts-Bündnis aus Sozialdemokratischer Allianz, Reformpartei und der populistischen Volkspartei bleibt nur wenig Zeit, sich zu sammeln. Am Ende eines politisch turbulenten Jahres haben die Menschen in Island für den Wechsel gestimmt. Die Erwartungen an die neue Koalition sind hoch.
Ähnliche Beiträge
26.12.2024 | Foto: Unsplash
13.12.2024 | Foto: President of Iceland, 2024
US-Magazin kürt Islands Staatspräsidentin. Mehr