12.11.2022

Erinnerungsreise nach Island

Dass Geschichte alles andere als trocken ist, zeigte die diesjährige Mitgliederversammlung der Deutsch-Isländischen Gesellschaft. Die Runde erinnerte an ein ganz besonderes Datum der Vereinsgeschichte – und konnte einen alten Bekannten aus den USA begrüßen. 

 

Segelschiff in Bremerhaven. Bild von TanteTati auf Pixabay.
Aus Bremerhaven auf Fangfahrt nach Island: nicht alle kamen zurück. © TanteTati auf Pixabay.

 

20 Jahre ist es her, dass auf Initiative der DIG und des Arbeitskreises Geschichte der deutschen Hochseefischerei in Vík i Mýrdal ein Gedenkstein für die vor Island umgekommenen deutschen Seeleute errichtet wurde.

 

Keine Frage, dass auch die Mitgliederversammlung der Deutsch-Isländischen Gesellschaft am 9. November 2022 im Seefischkochstudio am Schaufenster Fischereihafen ganz im Zeichen des Jubiläums stand.

 

Besonderes Highlight: das Wiedersehen mit einem alten Bekannten – dem damaligen Projektverantwortlichen Ingo Heidbrink.

 

Der Schifffahrtshistoriker und Experte für Fischereigeschichte, der seinerzeit den Arbeitskreis am Deutschen Schifffahrtsmuseum leitete, forscht heute an der Old Dominion University in den USA – und war per Video aus Norfolk (Virginia) zugeschaltet.

 

In seinem launigen Vortrag schilderte Heidbrink, wie das Vorhaben Gedenkstein 2002 Gestalt annahm und was es mit dem tonnenschweren Granit-Findling und den dunkelgrauen Basaltsäulen aus Island auf sich hat, die heute nahe der kleinen Gemeinde Vík an die Seeleute erinnern, die auf Fangfahrt vor Island ums Leben kamen.

 

Schlichtes Denkmal, große Symbolik

 

„Was ist ein Findling? Nichts anderes als ein gestrandeter Stein. Gibt es eine bessere Symbolik?“

 

Letztlich habe man sich für ein sehr schlichtes Denkmal entschieden, das in seiner Form an eine Schiffssetzung erinnere, also eine dem Umriss eines Schiffes nachgebildete Steinsetzung, und zudem an die skandinavische Grabtradition anknüpfe. „Ein sehr überzeugendes Design“, findet nicht nur Historiker Heidbrink.

 

Rund 1.000 Reisende pro Jahr besuchen schätzungsweise die Stätte. „Jedes Mal, wenn ich vor Ort bin, sind Leute dort, lesen die Inschriften, fotografieren. Das Denkmal wurde angenommen.“

 

Und noch etwas freut Heidbrink, der seit September auch Vorsitzender der International Maritime History Association ist: der kleine Schreibfehler auf dem Straßenschild, das den Weg zur Gedenkstelle weist. Gedankstein heißt es dort.

 

Und ein Dank soll der Stein sein – für die selbstlose Hilfe der isländischen Bevölkerung, die zahlreiche Schiffbrüchige vor dem sicheren Tod gerettet hat.

 

Der Gedankstein und der Präsident 

 

Ein Ort des Erinnerns also, an dem man sich Gedanken macht. Die isländische Wortschöpfung Gedankstein könnte nicht passender sein.

 

Sorge, dass der Ort in Vergessenheit geraten könnte, hat Heidbrink nicht. Vík habe sich in den vergangenen Jahren von einem abgelegenen Dorf zu einem touristischen Ort entwickelt.

 

Und dann sind da noch die isländischen Historiker-Kolleg:innen, die das Projekt bis heute begleiten. Einer von ihnen ist Guðni Th. Jóhannesson – seit 2016 Islands Staatspräsident. „Eine bessere Gewähr, dass das Projekt weitergeführt wird, kann es nicht geben.“  

 

„Der Gedenkstein“, schloss Heidbrink seinen kleinen Vortrag, „ist in der Rückschau für mich eines der herausragenden Projekte“. Großer Applaus von den Mitgliedern der Deutsch-Isländische Gesellschaft, die dem gerne beipflichteten. 


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