26.06.2022

Happy Hour in Island

Lange Zeit war der Genuss von Alkohol im Land der Wikinger komplett untersagt. Doch jetzt hat Islands Parlament die strengen Regeln für den Alkoholverkauf weiter gelockert. Pünktlich zum Start der Reisesaison dürfen die Brauereien ihr Bier künftig selbst verkaufen. 

 

Tische in einem Reykjavíker Restaurant.  Chris Liverani auf Unsplash.
Happy Hour für Bierliebhaber: Regierung lockert Regeln für Alkoholverkauf. © Chris Liverani auf Unsplash.

 

Happy Hour in Island. Das Parlament hat das staatliche Monopol für den Alkoholverkauf gelockert. Bereits ab dem 1. Juli dürfen Brauereien ihr Bier vor Ort verkaufen – pünktlich zum Start der Reisesaison.

 

Lange Zeit war der Genuss von Alkoholika im Land der Wikinger ganz untersagt. Bis heute gibt es sie nur in den 50 staatlichen Verkaufsstellen, den sog. vínbúðir (Weingeschäfte), sowie in Gaststätten und Kneipen mit einer speziellen Lizenz. In Supermärkten steht hingegen nur Leichtbier im Regal.

 

Doch während 1954 nur eine Gaststätte alkoholische Getränke ausschenken durfte, waren es 2017 schon mehr als 1.000. Ein Dilemma für Parlament und Regierung, die mit ihrem strikten Kurs zunehmend in Argumentationsnöte gerieten.

 

Dabei hatten die Oberen das Volk zunächst auf ihrer Seite. Beim ersten Referendum in der Geschichte des Landes stimmte die Mehrheit 1908 für ein totales Alkoholverbot. Alle verbleibenden Vorräte mussten bis 1915 verbraucht oder vernichtet werden. Auf Flaschen mit Hochprozentigem prangte fortan ein Totenkopf-Symbol.

 

Exzessives Trinken, so die Überzeugung, gefährde den Fortschritt. Island kämpfte zu dieser Zeit um die Unabhängigkeit von Dänemark – und Bier galt als unpatriotisches Getränk schlechthin, das die ungeliebten Okkupanten angeblich schon zum Frühstück tranken.

 

Akt der Heimatliebe

 

Ein Akt der Heimatliebe also, der aber keinen so richtig glücklich machte. Schon bald entstanden Heimbrauereien und illegale Brennereien. Sogar Ärzte halfen dabei, das Verbot zu umgehen – und verschrieben immer öfter Alkohol als Medizin.

 

Am Ende war es Spanien, das der Sperrzeit im hohen Norden ein Ende bereitete. Es drohte mit einem Handelsembargo, wenn Island im Tausch gegen Stockfisch nicht spanischen Wein abnehme.

 

Nach einer weiteren Volksabstimmung 1934 wanderten auch Spirituosen wieder über den Tresen. Allein, der Bier-Bann blieb bestehen. Der Gerstensaft galt als billige Einstiegsdroge – eine ernste Gefahr für die Volksgesundheit.  

 

Doch Not macht bekanntlich erfinderisch, und so kippten die Einheimischen eben brennivín ins fast alkoholfreie Bier, den berühmt-berüchtigten Branntwein.

 

Zur 1100-Jahr-Feier des Landes sah sich die Regierung 1974 gar gezwungen, ohne Vorwarnung alle Alkoholläden zu schließen – um sicherzustellen, dass der Festakt würdig über die Bühne geht.

 

1989 fiel der Bier-Bann

 

Erst als immer mehr ausländische Reisende ins Land strömten, fiel das Verbot. Seit 1989 ist der Bier-Bann Geschichte und das kühle Blonde Islands beliebtestes Getränk.

 

In den vergangenen Jahren hat sich am Rande des Polarkreises eine neue Craft Beer-Szene entwickelt. In-Locations und kleine Brauereien überbieten sich mit ausgefallenen Sorten – ob Bier mit Krähenbeeren-Geschmack oder dem Aroma von Schafsköpfen und Meeresgetier.

 

Der Nachholbedarf scheint groß. 298 Biersorten zählen Fachleute in Island.

 

Klar, dass am 1. März bis heute der Bier-Tag gefeiert wird – in Erinnerung an jene Stunde, als der Bann endlich fiel. Nun kommt die Happy Hour am 1. Juli hinzu. Wohl bekomm´s.


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