04.04.2023

Geschichte vom Fischer und seiner Frau

Die Serie Blackport erzählt charmant und spannend von den 1980er Jahren, als Fangquoten Islands Wirtschaft für immer veränderten. Das preisgekrönte Drehbuch haben die Hauptdarsteller selbst geschrieben. Jetzt ist der Mehrteiler in der ARTE-Mediathek zu sehen.

 

Ausgedienter Trawler am Strand. Bild von Michael Behrens auf Unsplash.
Eine Branche im Wandel: die Fischerei in der isländischen Mini-Serie "Blackport". © Michael Behrens auf Unsplash.

 

Es geht um Fisch, viel Fisch. Was als Serienthema ... nun ja ... ein wenig trocken klingt.

 

Doch die isländische Saga Verbúðin erzählt ebenso charmant wie spannend die Geschichte eines kleinen Fischerortes in den Westfjorden, der in den 1980er Jahren auf der Welle des kapitalistischen Zeitgeistes mitzuschwimmen versucht, um nicht von ihr überrollt zu werden.

 

Jetzt ist der Achtteiler unter dem Titel Blackport in der ARTE Mediathek zu sehen.  

 

Der isländische Originaltitel Verbúðin bedeutet so etwas wie „Die Fischer-Baracke“ – gemeint sind die Unterkünfte, die es für Saisonarbeiter der Fischfabriken gab. Doch seit 1983 Fangquoten für die Hochseefischerei eingeführt wurden, um die Fischbestände zu schützen, sind ganze Landstriche in Island verarmt. Denn nur noch Schiffe mit zugeteilter Quote dürfen fischen.

 

Bürgermeister Jón will daher zusammen mit seinem Bruder einen Trawler kaufen, um die örtliche Fischfabrik zu retten. Doch Kapitän Torfi erscheint volltrunken zur Vertragsunterzeichnung mit der Bank und stirbt noch in der Nacht, ein blöder Sex-Unfall.

 

Wenige Gewinner und viele Verlierer

 

Jóns Geliebte, die ehrgeizige Sekretärin Harpa, sieht die Dokumente daraufhin genauer an und ihre Chance gekommen: Zusammen mit Mann Grímur und Kindheitsfreunden kauft sie das Schiff und baut ein veritables Fisch-Imperium auf, mit dem Bürgermeister als stillem Teilhaber.

 

Doch das Geschäft ist hart, die Branche im Umbruch; es gibt nur wenige Gewinner und viele Verlierer. Wie praktisch, dass der Bürgermeister bald zum Fischereiminister aufsteigt und bei Abstimmungen gerne auf seine Herzensdame hört.

 

Als die isländische Regierung die Fangquoten verschärft, schwappt eine Woge aus Gier, Betrug und Eifersucht über die Kleinstadt.

 

In Island war die Serie ein Straßenfeger, und auch bei der Kritik kam die Geschichte gut an. Beim Festival Séries Mania gewann Blackport 2021 in der Kategorie Internationaler Wettbewerb und bei den Edda Awards gab es Ende März in Reykjavík gleich neun Preise, unter anderem für das Beste Drehbuch.

 

Foto: Screenshot ARTE

Geschrieben haben es die drei Hauptdarsteller zusammen mit Drehbuchautor Mikael Torfason.

 

Die Story ist inspiriert von realen Ereignissen. Harpa-Darstellerin Nína Dögg Filippusdóttir arbeitete in ihrer Jugend selbst in einer Fischfabrik; heute ist sie eine der bekanntesten Schauspielerinnen Islands.

 

Ihr Mann Gísli Örn Garðarsson, der in Blackport den Bürgermeister gibt, spielte bereits in US-Produktionen wie Prince of Persia: Der Sand der Zeit mit Ben Kingsley and Jake Gyllenhaal.

 

Und Harpas Film-Mann Grímur alias Björn Hlynur Haraldsson ist auch bei uns inzwischen ein bekanntes Gesicht, war er doch schon in Cop Secret, Lamb und der isländischen Erfolgsserie Trapped – Gefangen in Island zu sehen, die aktuell im ZDF abrufbar ist.

 

Gemeinsam haben sie eine Geschichte voller Witz und Zeitkolorit erschaffen, die glaubwürdig vom Überlebenswillen der kleinen Gemeinde und dem Kampfgeist ihrer Bewohner:innen erzählt.

Jetzt in der ARTE-Mediathek

Blackport (Folgen 1-8)

 

Dauer pro Episode: 47 Min.

verfügbar bis 28.05.2023

Foto: © Unsplash


Ein „nostalgisches Sittengemälde“, urteilt die FAZ. „Es geht rustikal zu, richtig deftig. Kurz: `Blackport´ ist Volkstheater im besten Sinne“, schreibt die taz.

 

Doch bei aller Nostalgie erzählt Blackport von skandalösen Zuständen. Denn der Fisch, der einst Eigentum aller war, wandert Filetstück für Filetstück in die Hände einer kleinen Elite – und Politik und Banken mischen tatkräftig mit.

 

Während die einen so immer reicher werden, erleben die anderen existenzielle Nöte. 1984 betrug die Inflation in Island mehr als 70%. Die Kaufkraft sank und auch das Vertrauen der Menschen.

 

Allein, die geschäftstüchtige Harpa findet einen Ausweg. Ihr Schiff fährt einfach ins britische Hull, wo es Hunderttausende Pfund Bargeld pro Ladung gibt. Geld, das natürlich am Fiskus vorbei fließt. Da macht dann auch der Serientitel Blackport auf einmal Sinn.


04.02.2021 | Foto:  Unsplash

Islands Weg ins Licht

60 Kilo Sonnenschein von Hallgrímur HelgasonMehr