12.07.2023

Am 2. September 2023 spielt Bratschist Semjon Kalinowsky mit dem isländischen Organisten EyÞór Franzson Wechner in der Johanneskirche – gefördert vom Kulturamt Bremerhaven und der DIG. Ein Gespräch über den Geist der Hanse und ukrainische Klassik.

© Unsplash (1-3, 5, 6), Pixabay (4)

Deutsch-Isländische Gesellschaft: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine musikalische Reise durch die einstigen Hansestädte zu unternehmen?

Semjon Kalinowsky: Da ich als Künstler in der Hansestadt Lübeck, der "Königin der Hanse", lebe und arbeite, fühle ich mich der Idee des kulturellen Austausches zwischen den Hansestädten sehr verbunden. Die Werke von Komponisten aus diesen Städten sind ein fester und wichtiger Bestandteil meines Repertoires.

DIG: Was macht den Spirit of Hanse aus, auf den Sie sich in Ihrem Programmtitel beziehen?

Semjon Kalinowsky: Das abwechslungsreiche Programm besteht aus Werken für Viola und Orgel sowie Orgel-Soli von Komponisten aus Hansestädten wie Hamburg, Lübeck, Oslo, Brügge, Halle, Kopenhagen und anderen und enthält wahre Raritäten aus Barock und Romantik sowie Bearbeitungen aus meiner eigenen Feder.

Es ist also ein faszinierender musikalischer Bogen, der den hanseatischen Geist – The Spirit of Hanse – wieder aufleben lässt. Er bietet den Zuhörenden durch die ungewöhnliche instrumentale Besetzung, das hanseatische Flair und die gemeinsame Reise durch die Musik der Hanse ein außergewöhnliches Klangerlebnis.

© Semjon Kalinowsky / EyÞór Franzson Wechner

DIG: Sie stammen aus Lwiw und leben heute in Lübeck. Was hat Sie dorthin geführt?

Semjon Kalinowsky: Tatsächlich stamme ich aus der Ukraine, welche sich aktuell in einer katastrophalen Kriegssituation befindet. Als Konzertmusiker versuche ich nun auch hier in Lübeck und generell in Deutschland und Europa durch zahlreiche Aufführungen,

vor allem ukrainische Musik populärer zu machen und wiederzubeleben. Diese Muse darf nicht schweigen ...

DIG: Ihr musikalischer Partner ist EyÞór Franzson Wechner, der als Organist in Blönduós im Nordwesten Islands tätig ist und unterrichtet. Wie kam es zu Ihrer Zusammenarbeit?

Semjon Kalinowsky: Der werte Kollege EyÞór Wechner ist nicht nur ein hervorragender Musiker und Organist, sondern hat auch eine kreative Persönlichkeit. Uns hat das gemeinsame Musizieren in Deutschland und Island musikalisch, künstlerisch und freundschaftlich verbunden.

Vor einigen Jahren haben wir unter der Schirmherrschaft des isländischen Honorarkonsulats Hamburg während des internationalen Festivals Schönberger Musiksommer das Hanse-Programm präsentiert. Auch unser aktueller Konzertzyklus beinhaltet drei Konzerte in Wolfsburg, Bremerhaven und Hamburg.

DIG: Im August ist ein Konzert in der Hallgrímskirkja in Reykjavík geplant, der größten Kirche Islands mit einer riesigen Pfeifenorgel und ein ganz besonderer Ort. Verspüren Sie Lampenfieber?

Semjon Kalinowsky: Ich fühle mich sehr glücklich und gleichzeitig sehr verantwortlich, während des Internationalen Reykjavik Orgelfestivals in der berühmten Hallgrímskirkja zu musizieren und unser Programm zu präsentieren. Wir versuchen unser Bestes zu geben, um diese Herausforderung zu meistern und den Auftritt zu genießen.

Eine musikalische Biographie

Semjon Kalinowsky erhielt mit 5 Jahren seinen ersten Violinen-Unterricht bei seinem Vater Naum Kalinowsky und errang bald mehrere Preise bei verschiedenen Wettbewerben. Mit 17 wechselte er schwerpunktmäßig zur Bratsche.

Diplomstudium an der Nationalen Musikakademie in Lwiw (Lemberg) und Aufbaustudium an der Musikakademie in Danzig.

Konzerttätigkeit als Solist und Kammermusiker in zahlreichen europäischen Ländern, darunter Deutschland, Polen, Frankreich, Italien und den Niederlanden.

In Zusammenarbeit mit renommierten Musikverlagen wie Robert Lienau (Frankfurt) oder Schott (Mainz) hat Semjon Kalinowsky mehrere Werke für die Viola herausgegeben.

Für seine Tätigkeit wurde er vom ukrainischen Präsidenten mit dem Titel Verdienter Künstler der Ukraine ausgezeichnet.

Semjon Kalinowsky lebt in Lübeck. 

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