13.01.2025

Ranking-Weltmeister Island

Die Isländerinnen und Isländer frönen einer ganz besonderen Leidenschaft: der Jagd nach Statistiken. Der Grund dafür dürfte in der bewegten Geschichte des Landes liegen. Wie gut, dass der Inselstaat in internationalen Rankings stets herausragend abschneidet. 

 

Grafiken. Bild von Stephan Dawson auf Unsplash.
Ganz verrückt nach Rankings: Island. © Stephan Dawson auf Unsplash

Im neuen Jahr gehen die Isländerinnen und Isländer wieder auf die Jagd. Nicht Seehunde und Polarfüchse rücken ins Visier, sondern – Statistiken.

 

Wie gut, dass (nicht nur) die isländischen Medien diese Leidenschaft teilen. Und so ist die Ausbeute beachtlich: 2024 war Island das friedlichste Land der Welt, hatte das beste Gesundheitssystem, stand an der Spitze, wenn es um die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern geht, und zählte zu den sieben Ländern mit bester Luftqualität.

 

„Wir vergleichen uns ständig mit anderen Ländern, vor allem mit anderen nordischen Ländern, und wollen immer alle übertreffen und in allem die Besten sein“, beschreibt Autor und Übersetzer Kristof Magnusson das Phänomen in seinem Bestseller Gebrauchsanweisung für Island.

 

„Isländer,“ sagt er, „lieben ihr Land, leiden jedoch in gleichem Maße an einem Minderwertigkeitskomplex“. Lange Zeit habe eben keiner gewusst, dass es die Insel überhaupt gibt. Nicht zuletzt, weil im 18. Jahrhundert dort weniger Menschen lebten als noch 500 Jahre zuvor – und diese wenigen noch dazu in engen, feuchten Torfhütten.

 

Die Moderne hielt spät Einzug in diesen abgelegenen Winkel der Welt. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Island sukzessive seine Unabhängigkeit von Dänemark errang, fand es Anschluss, wie Schriftsteller-Kollege Hallgrímur Helgason in seiner Island-Trilogie um den Waisenjungen Gestur eindrucksvoll beschrieben hat.

 

Kristof Magnusson: Kleinstaaten-Komplex

 

Vielleicht, so Kristof Magnusson, sehnten sich die Isländer aufgrund dieses "Kleinstaaten-Komplexes" noch etwas mehr nach internationaler Anerkennung, als Nationen dies im Allgemeinen tun.

 

Das ganze Land scheine dem Wahn verfallen zu sein, jedes Phänomen proportional zur Bevölkerung betrachten zu müssen, was zu beeindruckenden Resultaten führe. So war Island in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Land mit der niedrigsten Nobelpreisträger-Dichte der Welt. Nämlich: null. Das änderte sich schlagartig 1955, als der Schriftsteller Halldór Laxness die Auszeichnung erhielt. Plötzlich hatte Island weltweit die höchste Dichte an Nobelpreisträgern.

 

Ähnlich verhalte es sich mit der Zahl der Schachgroßmeister, der verlegten Bücher, der Internetanschlüsse und natürlich der Schwimmbäder. Wen wundert es da, dass Kultusministerin Lilja Dögg Alfreðsdóttir im April 2024 Islands Bewerbung um einen Platz auf der UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes einreichte.

 

Einen Rekord der besonderen Art konnte Island 2015 vermelden: Bei den Spielen der Kleinen Staaten von Europa war es der große Gewinner und trug 115 Medaillen nach Hause – das beste Ergebnis Islands aller Zeiten bei den GSSE, wie das Nachrichtenmagazin Iceland Review prompt vermeldete.

 

Ob mit oder ohne Medaille „sind wir eine sehr glückliche Nation und sehr stolz darauf, Isländer zu sein“, ist Kristof Magnusson überzeugt. Wie passend, dass es Island beim World Happiness Report der Vereinten Nationen seit Jahren regelmäßig auf das Siegertreppchen schafft.

 

Und für alle Island-Fans ist die kleine Insel im Nordatlantik ohnehin die größte.


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