01.07.2023

Rollstuhl-Rampen für Paris

Das Ziel ist ehrgeizig. 1.500 Rollstuhl-Rampen will Haraldur Ingi Þor­leifs­son bis 2025 in ganz Island erbauen. Doch damit nicht genug. Der umtriebige Unternehmer denkt schon weiter. Jetzt will er dafür sorgen, dass auch Frankreichs Hauptstadt Paris barrierefrei wird.

 

Haraldur Ingi Þorleifsson mit seiner Familie auf einer neu gebauten Rollstuhl-Rampe. Bild von Haraldur Ingi Þorleifsson.
"Rampen für Island"-Gründer Haraldur Ingi Þorleifsson mit seiner Familie in Reykjavík. © Haraldur Ingi Þorleifsson.

  

Römpum upp Ísland hat Haraldur Ingi Þor­leifs­son sein Projekt genannt – was im Englischen so viel heißt wie „Ramp up“, also „aufwärts rampen“, aber auch „sich steigern“ oder „die Produktion hochfahren“.

 

„Rampen für Island“ hat das isländische Online-Portal Iceland Review den Namen ins Deutsche übersetzt. Doch dabei geht ein wichtiger Aspekt verloren, der die Initiative des Isländers am besten beschreibt – den Wunsch, etwas zu verbessern. Konkret: Das Leben von Menschen im Rollstuhl leichter zu machen.

 

Denn das ist es, was Haraldur Ingi Þor­leifs­son antreibt. Der Unternehmer hat in den vergangenen zwei Jahren Hunderte von Rampen in ganz Island bauen lassen. Und er hat ein ehrgeiziges Ziel: bis 2025 soll es insgesamt 1.500 neue barrierefreie Zugänge im Land geben.

 

Ein ambitioniertes Vorhaben. Doch Haraldur Ingi Þorleifsson weiß, was er will, und er weiß, wovon er spricht. Wegen einer Nervenerkrankung sitzt er selbst im Rollstuhl; das Gefühl, ausgebremst zu werden, kennt er nur zu gut.

 

Es war kurz vor Weihnachten, als er mit seiner Familie zum Shopping unterwegs war. Immer wieder musste Haraldur Ingi Þorleifsson allein draußen warten, weil er mit seinem Rollstuhl nicht in die Geschäfte kam. „Das ist eine besondere Art sozialer Isolation“, erinnert er sich.

 

Eine Lösung musste her

 

Doch der Unternehmer ist keiner, der lange grübelt. Also musste eine Lösung her – und das Projekt war geboren: Römpum upp Ísland.

 

Er sprach mit Verantwortlichen der Stadt, und innerhalb von zwölf Monaten gelang es ihm und seinem Team, 100 neue Rampen in Reykjavík zu erbauen. Vor Restaurants, an Läden oder öffentlichen Einrichtungen.

 

Dafür gab es Auszeichnungen der Stadt Reykjavík, des Isländischen Menschenrechtszentrums, und sogar die Vereinten Nationen sind auf das Projekt aufmerksam geworden.

 

Die Initiative finanziert sich über Spenden von Privatleuten und Unternehmen sowie durch kommunale und staatliche Zuschüsse.

 

Mit Projekten kennt sich Haraldur Ingi Þor­leifs­son aus. 2014 gründete er die Kreativagentur Ueno, die Kampagnen für Firmen wie Airbnb, Apple, Google, Uber oder Visa verantwortet hat.

 

Gründer und "Mensch des Jahres"

 

Anfang 2021 kaufte Twitter den Laden auf; Haraldur Ingi Þor­leifs­son blieb und war zwei Jahre lang als Kreativdirektor für den US-Microblogging-Dienst tätig.

 

Doch das ist nicht alles. Er macht Musik, ihm gehören ein Restaurant, ein Kino und eine Bar in Reykjavík, er hat Non-Profit-Projekte gegründet, erstellt Podcasts und vieles mehr. 2022 wurde er als „Mensch des Jahres“ geehrt.

 

Ein Macher also, und deshalb verwundert auch sein jüngstes Projekt nicht. Die Städte Reykjavík und Paris haben beschlossen, beim Thema „Rampen“ künftig zu kooperieren, wie die Tageszeitung Morgunblaðið in ihrer Online-Ausgabe berichtet.

 

Gemeinsam wollen die Partner für mehr Barrierefreiheit zu den Olympischen Spielen sorgen, die 2024 in Frankreichs Hauptstadt ausgetragen werden.

 

Das klingt doch nach einer runden Sache.